Rettungskreuzer Ikarus 61 "Onepole"

Rettungskreuzer Ikarus 61, Onepole, Sylke Brandt, Rezension, Thomas Harbach
Sylke Brandt

Bislang stellten die Mittelteile der neuen „Rettungskreuzer Ikarus“ Trilogien den jeweiligen Schwachpunkt da. Der Spannungsbogen musste in den abschließenden Roman gerettet und nicht zu viele Informationen verbreitet werden. Hinzu kam, dass einige der Plots ohne Probleme in einem oder zwei Taschenheften hätten erzählt werden können. Sylke Brandt umschifft diese Problematik elegant, in dem sie erst im Schlusskapitel auf den Dschungelplaneten Thaki Thai zurückkehrt, welcher neben der Hauptdarstellerin Skyta den Auftaktroman dominiert hat. Hinzu kommt, dass sie neben der „fremden“ Umgebung ihre Protagonistin ordentlich agieren und sich dadurch auch bewegen lässt. Die anfängliche Nebenhandlung wird ab der Mitte der vorliegenden einundsechzigsten Ausgabe in den wichtigen Spannungsbogen eingebaut. Auch umschifft die Autorin die Problematik, erste Antworten liefern zu müssen, in dem Skyta am Ende eher in die Offensive überwechselt und die wahren Hintergründe ihrer Mission erfahren möchte.

Skyta muss sich zu Beginn des vorliegenden Romans mit der Tatsache auseinandersetzen, dass sie sich im Körper von Opale wiederfindet, der Tochter des Antagonisten Belik Wagmer, während Opales Geist sich im Tiefschlaf in der kleinen Forschungsstation auf dem Dschungelplaneten befindet. Gleich zu Beginn besorgt sie sich in einer spektakulären, erotischen Aktion einen wichtigen Computerchip direkt auf der funkelnden Bühne einer Disco, während Opales Leibwächter an der inneren Identität seines Schützlings zu zweifeln beginnt. Ihr hilft, dass Opale generell ein distanziertes Verhältnis zu ihrem Vater hat. Vielleicht macht es sich die Autorin hinsichtlich der Improvisation ein wenig zu einfach und Skyta arrangiert sie sich zu problemlos mit ihrer Rolle, aber auf der anderen positiven Seite kommt sie nicht in die Versuchung, die Klischees des Körperrollentauches – siehe auch unzählige Kinofilme mit meistens an Klamauk erinnernden Situationen -  auszuspielen und ihre geradlinige Handlung zu verwässern. Der Roman bezieht seine Spannung aus den kontroversen Positionen. Skyta muss erstens jederzeit mit ihrer Entdeckung rechnen und zweitens ihre bislang eher ambivalent beschriebene Mission erfolgreich abschließen. Dabei kann sie vor allem in der ersten Hälfte des Romans niemandem mehr trauen.

Auch Opale selbst könnte wahrscheinlich wegen einer im Hintergrund schwebenden Firmenübernahme das Opfer eines Attentats sein. Die Täter ahnen natürlich nicht, dass sie es mit einer Spezialagentin im Körper der attraktiven wie verwöhnten Wagner Tochter zu tun haben, so dass sich zusammen mit dem abgebrannten, gestrandeten Piloten eine Fluchtmöglichkeit ergibt. Der Weg führt sie durch eine unterirdischen Stadt auf dem Planeten „Onelope“ – anscheinend benennt Sylke Brandt absichtlich die einzelnen Bände ihrer Trilogie nach den Planeten, auf denen die Haupthandlung spielt -, in der eine längst untergegangene Zivilisation ihre Spuren hinterlassen hat.  Dabei streift die Autorin inhaltlich mittels Schlagwörtern die Idee einer menschlichen Siedlung, die sich im Grunde wie die Menschen es immer wieder versuchen selbst vernichtet hat. Während im ersten Band dem Dschungelplanet Thaki Than fast zu viel Platz angesichts des Handlungsverlaufes eingeräumt worden ist, fliegt das Geschehen am Hintergrund von „Onelope“ zurück. Der Leser wünscht sich in dieser Hinsicht mehr Informationen, zumal dank des zusammengebastelten Fluchtgleiters und dem Zwischenstopp auf der ebenfalls ausbaufähigen Raumstation die Balance zwischen konstruierten Aktionen und „Deus Ex Machina“ Situationen in positive wie negative Richtung bedenklich schwankt.

Hinzu kommt, dass die Ambivalenz einiger Figuren noch zu wünschen übrig lässt. Während Jonas eher wie eine Han Solo Inkarnation inklusiv der entsprechenden Spielschulden, aber ohne dessen sarkastischen Humor. Der Leibwächter Korik ist dagegen eine Figur, die in ihrer Loyalität bislang zu ambivalent erscheint, um einen nachhaltigen Eindruck zu machen. Während Skyta im ersten Band der Trilogie sich ja nur vorwärts kämpfen konnte und musste, versucht Sylke Brandt den Spannungsbogen ein wenig zu relativieren, ohne die wirklich großen Hindernisse in den Weg zu legen.

Zusammengefasst ist es aber aufgrund einiger gut geschriebener, nicht überzogener Actionszenen sowie Brandts Auftaktdisconummer ein sehr unterhaltsamer Mittelteil der laufenden „Rettungskreuzer Ikarus“ Trilogie, der im Gegensatz zu den Weltverschwörungsromanen Arbeiten ihrer männlichen Vorgänger sich auf eine solide Fortschreitung der interessanten Handlung konzentriert und die Antworten ihrem Abschlussband „Janus“ positiv für die ganze Serie überlässt. Weiterhin positiv ist, dass anscheinend über die ganze Trilogie einer der bisherigen Nebenfiguren im Mittelpunkt der Handlung steht und durch den Verzicht auf die Besatzung des Rettungskreuzer Ikarus auch viele der teilweise stereotypen Handlungsabläufe, die schon vor der Wanderlust Serie eingeflossen sind ignoriert und eine unterhaltsame positiv bodenständige, nicht das Universum zu rettende Strategie verfolgt. Nicht nur aufgrund dieser Rücknahme der Gewichtung gehören „Thaki Than“ und „Onelope“ zu den besten Nachfünfziger Bänden der grundsätzlich empfehlenswerten Serie.  

Atlantis- Verlag , Paperback

Cover: Lothar Bauer
ISBN 978-3-86402-291-3
95 Seiten