Flash Gordon- Auf dem Planeten Mongo

Alex Raymond

Der Hannibal Verlag legt in seiner Kultreihe basierend auf den britischen Vorlagen des TITAN Verlages die Sonntagsseiten der populären Science Fiction Serie „Flash Gordon“, der indirekten Inspiration von „Star Wars“ in einem großformatigen Hardcoverband neu auf. Im Grunde zum ersten mal in einer adäquaten Fassung, denn so populär und beliebt auch die heute schwer zu erhaltenden Alben aus dem österreichischen Polischanky Verlag sein mögen, die reproduktive Qualität dieser Neuausgabe stellt sie in den Schatten. Wie bei Filmen ist die sorgsame Restauration eine Augenweide. Im Gegensatz allerdings zu vielen digitalen Überarbeitungen auf DVD oder Blue Ray, welche zu Gunsten einer heute künstlich wirkenden Überarbeitung die Stärken und manchmal auch Schwächen der originalen Vorlagen ignorieren, zeichnen sich die britische und somit auch deutsche Ausgabe vor allem durch den Respekt aus, der den ab 1934 in den Sonntagszeitungen erscheinenden Abenteuern „Flash Gordon“ entgegen gebracht worden ist.

 Der Hardcover verfügt über eine doppelte Einführung in die Materie, begleitet von seltenen Originalzeichnungen Alex Raymonds, die entweder noch nichts mit „Flash Gordon“ zu tun haben oder seltene und wenig bekannte Vergrößerungen der Originalcomics darstellen. Alex Ross als einer der würdigen Epigonen von Alex Raymonds so perfekt realistischen und dann wieder phantastischen Stil führt in der kulturelle Erbe ein und zeigt auf, wie einflussreich nicht nur die Comics, sondern vor allem die späteren Serials gewesen sind. Dabei ist es wichtig anzumerken, dass „Flash Gordon“ nach „Buck Rogers“, aber deutlich vor der Superheldenschwemme gekommen ist. Fast zeitgleich begannen die Adaptionen der populären Burroughs „Tarzan“ Geschichten, dessen vor allem auf dem Mars und der Venus spielende Abenteuer einer der ganz großen Einflüsse auf Alex Raymond gewesen ist. Bei Alex Ross Ausblick auch auf George Lucas, der anfänglich ja „Flash Gordon“ adaptieren wollte, fehlt erstaunlicherweise eine andere seit Jahrzehnten populäre Comicserie. „Das Reich Trigan“ von Don Lawrence mit der gleichen Mischung aus archaischer Primitivität – römische Gladiatorenspiele, funkelnde Schwerter – und grenzenloser Technik – alleine im Jahr 1937 erlag Alex Raymond der Faszination des vom Dritten Reich ausgehenden Wettrüsten und entwickelte auf den Kriegsmaschinen des Ersten Weltkriegs basierend unglaubliche und gigantische Waffensysteme für seine Serie –  wäre ohne „Flash Gordon“ wahrscheinlich niemals entstanden.

 Don Moore etabliert für Neueinsteiger im Grunde nicht nur in das „Flash Gordon“ Universum, sondern vor allem die Science Fantasy und weniger klassische Science Fiction den inhaltlichen Rahmen der „Flash Gordon“ Serie an der Entwicklung der Pulps über die verschiedenen allerdings ein wenig glorifizierten Adaptionen bis in die Gegenwart, die mit dieser Art von Neuauflagen gleichzeitig auch eine Rückbesinnung auf die Wurzeln ist.  

 Der Band vereinigt die Sonntagsseiten der Jahre 1934 – die Serie begann passend am 01.01. 1934 – bis zum 18. April 1937. Nicht nur der Beginn der Legende, sondern exemplarisch ein Musterbeispiel für die zeichnerische Entwicklung Alex Raymonds.  Wer aufmerksam die anfänglich noch ein wenig steifen, die ersten „Superman“ Comics vorwegnehmenden Bilder mit den nur drei Jahre später entstandenen stimmungsvollen und nuancierten Bildern statt Graphiken vergleicht, wird von den Details und den vor allem jetzt überzeugenden, fast überdimensionalen, heroisch pathetischen Figuren förmlich erschlagen. Dabei hat der Verlag ausgesprochen Wert darauf gelegt, jede Sonntagsseite einzeln mit der Veröffentlichungsdatum zu versehen, um dem Leser Alex Raymonds erzähltechnische Struktur besser zu verdeutlichen. Im Gegensatz zu vielen bisherigen Veröffentlichungen sind die in einem größeren Format abgedruckten Zeichnungen auch in diesem zu Lasten der optischen Kontinuität, aber zu Gunsten der Authentizität belassen worden. Wahrscheinlich ist die Druckqualität dieser Nachdrucke besser als die Originale, die nicht selten auf einfacheren Papier erschienen sind. In technischer Hinsicht ist es ohne Frage die beste Präsentation dieser klassischen Serie, vergleichbar mit den Originaldruckvorlagen, die Alex Raymond damals hergestellt hat.      

 Auch wenn der Auftakt der Geschichte mit dem die Erde bedrohenden Planeten; der zufälligen Begegnung zwischen dem Profisportler und Dale Arden im abstürzenden Flugzeug; die Notlandung ausgerechnet vor Doktor Zarkovs Versteck; der Flug zum Planeten Mongo und schließlich die erste Konfrontation mit Ming, dem grausamen Tyrannen jedem Leser bekannt ist, wird erst durch die möglichst nahe Veröffentlichung der Originalsonntagsseiten deutlich, welch hohes Tempo Alex Raymond vorlegt. Am Ende jeder einzelnen Seite muss ein kleiner Höhepunkt stehen. Auf den ersten drei oder vier Seiten ist das Szenario entwickelt, über die blonde Dale Arden werden Flash Gordon und Ming, der Grausame zu Erzfeinden, die sich im Verlaufe der folgenden Abenteuer immer wieder bekriegen, aber niemals wirklich kriegen werden. Bei diesem hohen Tempo werden auf den ersten Blick die Hintergründe eher rudimentär entwickelt und Ming, der Grausame könnte ein Verwandter von Sax Rohmers damals sehr populären „Dr Fu Man Chu“ sein. Aber im Verlaufe der vielen Abenteuer entwickelt Alex Raymond auf dem so unterschiedlichen exotischen Planeten Mongo nicht nur neue Völker mit teilweise mystischen Wurzeln; bedrohliche Landschaften über und unter Wasser, der Zeichner und Autor kehrt immer wieder zu den Ausgangswurzeln zurück und entwickelt wie bei einer geschickt angelegten Möbiusschleife vertraute „Orte“ kontinuierlich weiter.

 Dabei ist nicht nur der „Mensch“ des größte Feind des Menschen. Als Extrapolation der Grausamkeiten des Ersten Weltkriegs fährt Alex Raymond ein ganzes Arsenal von perfiden und wesensverachtenden Massenvernichtungswaffen auf. Da wird mit Atomstrahlen hantiert; die Sklaven müssen in den Radiumkellern arbeiten und werden langsam verstrahlt; unendlich heiße Feuer, gegen die das griechische Feuer wie ein Lagerfeuer aussieht, verbrennen ganze Armeen und im Notfall wird ein Staudamm gesprengt, welcher ganze Heere ertrinken lässt. Letztes allerdings von Flash Gordon. Mehr und mehr im Zug des heraufdämmernden Zweiten Weltkriegs werden die Auseinandersetzung barbarischer und das Morden grausamer.

 Dazwischen stößt der Überheld Flash Gordon immer wieder auf nicht selten primitive Kreaturen, deren vor allem Verrat und Missgunst nicht fremd ist. Wie oft im Verlaufe der hier gesammelten Abenteuer hat er Langmut walten lassen, für die er immer wieder zumindest vorläufig bestraft worden ist. Hinzu kommen an Dinosaurier erinnernde gigantische Kreaturen, die entweder aus dem Nichts der gigantischen dunklen Höhlen oder in den Arenen Ming, des Grausamen Menschen angreifen. Die römischen Gladiatorenspiele sind nicht nur bei Ming, dem Grausamen, sondern den meisten Despoten Mongos in überspannter Form ausgesprochen populär. In der Masse der hier gesammelten Geschichten lässt sich natürlich erkennen, das Alex Raymond manchmal immer wieder wie die Pulpautoren auf die gleichen Versatzstücke zurückgegriffen und diese nur mittelbar variiert hat. Bei jeder Woche „nur“ eine spannende Sonntagsseite fällt diese Häufung nicht sonderlich auf, aber in der vorliegenden Form doch.

 Diese erzähltechnische Schwäche angesichts der ausgesprochen kompakten Geschichten verzeiht der Leser aber sehr gerne und vor allem sehr schnell in Hinblick auf die zahllosen so unterschiedlichen Figuren/ Protagonisten oder Helden/ Schurken, denen Flash Gordon auf seiner immerwährenden Odyssee über den Planeten Mongo wie ein archaischer fliegender Holländer begegnet. Prinz Bahrin als späterer treuer Helfer wirkt noch wie eine Figur aus Hal Fosters populäre „Prinz Eisenherz“ Serie. Nicht umsonst erinnert die Auseinandersetzung in der Arena des Todes an eine extrapolierte Version der Geschichte um den „schwarzen Ritter“, der den Tyrannen stürzen und die große Liebe retten will. Aber neben Prinz Bahrin sind es vor allem die Vogelmenschen; das Königreich unter Wasser; die degenerierten Höhlenmenschen oder Mings endlos erscheinende gelbe Horden, die dem Leser länger im Gedächtnis bleiben.

 „Flash Gordon“ ist konzentrierte Pulpunterhaltung in Form der damals in den Kinos populären Serials mit einem charismatischen, vielleicht manchmal ein wenig zu eindimensionalen Überhelden, der im Grunde nur seine ewige Liebe Dale heiraten und sich irgendwo auf Mongo, wenn nicht wieder auf der Erde niederlassen möchte.

 Was diese Neuausgabe allerdings auszeichnet, ist die unglaubliche Qualität der wiedergegeben Zeichnungen, fast schon Graphiken Alex Raymond, in denen erst jetzt die minutiös eingeflochtenen und damals von seinen Kollegen als übertrieben bezeichneten Details sichtbar werden. Aus dem Vorwort ist zu entnehme, dass Alex Raymond erst später auf Modelle zurück gegriffen hat. Vielleicht wirken deswegen seine ersten Zeichnungen noch ein wenig steif und künstlich. Aber spätestens ab dem Jahr 1935 hat er sich zeichnerisch unglaublich weiterentwickelt und seinen Geschichten auch inhaltlich eine heroische Tragik verliehen, die „Flash Gordon“ zu einem zeitlosen Stoff der Science Fantasy Pulpära macht. Und diese empfehlenswerten, liebenswert zusammengestellten Bände aus der Hannibal Kult Edition sind nicht nur für Sammler eine Anschaffung wert; wer sich gerne mit dem Phänomen „Flash Gordon“ in seiner Urform auseinandersetzen möchte, kommt an diesen edel erscheinenden Hardcovern nicht vorbei.           

   

  • Gebundene Ausgabe: 208 Seiten
  • Verlag: Hannibal Verlag; Auflage: 1 (4. Oktober 2018)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 9783854456599
  • ISBN-13: 978-3854456599
  • ASIN: 385445659X
  • Originaltitel: Flash Gordon

Kategorie: